Das Größte in der Landeshauptstadt, Möbel – Haushalt und mehr.
An langen Kleiderstangen hängen gut sortiert Kleidungsstücke. Männer und Frauen stöbern, probieren Jacken oder Hosen an. Ein arabisches Ehepaar ist glücklich ein Bett für sein Kind gefunden zu haben. Wer hier einkaufen will, muss seine Bedürftigkeit nachweisen, sei es durch den Sozialpass, den Studentenausweis oder den Flüchtlingsausweis, erklärt Ines Haßbargen .
Sie ist seit 10 Jahren Leiterin des Magdeburger Sozialkaufhauses. Zu ihrem Team gehören fünf Angestellte. Die meisten von Ihnen waren früher Ein-Euro-Jobber, wurden dann von der BVIK in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Zudem sorgen Bundesfreiwillige, Ein-Euro-Jobber aber auch Menschen die Sozialstunden ableisten müssen dafür, dass der Laden reibungslos läuft. Das Möbelkaufhaus lebt von Spenden die Menschen bringen, Großgeräte oder Möbel werden von den Mitarbeitern kostenlos abgeholt.
Eine grüne Oase zwischen Wohnblöcken in der Köthener Rüsternbreite im Südwesten der Stadt. Kinderlachen ist zu hören. Einige Jungs spielen Fußball, Mädchen üben ihre Treffsicherheit beim Armbrustschießen. Die Grundschüler aus Radegast haben Projekttag beim „Grünen Daumen“, der das Gelände seit dem Frühjahr 2024 bewirtschaftet. Der Verein engagiert sich seit vielen Jahren in der Umweltbildung für Kinder und Jugendliche und setzt dabei auf die Hilfe der Bundefreiwilligen der BVIK.
Angelika Schöneberg gehört zu diesen Bufdis. Geduldig stapelt sie ein ums andere Mal Plaseblumentöpfe, die als Zielscheiben dienen. Diana Weise ist unterdessen in der Küche zugange, hat die Pizza im Blick, die im Ofen langsam knusprig wird. Seit März arbeitet die gelernte Friseuse als Bundesfreiwillige durch die Vermittlung der BVIK beim Grünen Daumen. „Zu Hause rumsitzen und nichts tun ist so gar nicht mein Ding. Hier in dem riesigen Garten kann ich mich auspowern“ Ihre Kollegin Andrea Ziethmann ist gelernte Gärtnerin. Ein Bürojob wäre so gar nicht ihr Ding, erzählt sie. Auch sie gehört zum acht bis zehnköpfigen Team der Bundesfreiwilligen die beim Grünen Daumen arbeiten. „Wir versuchen auf die individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen einzugehen. Jeder betreut bei solchen Projekttagen eine kleine Gruppe von Kindern,“ erklärt Nikole Erben die Vereinschefin.
Ihr Mann Bernd Berger steht ihr dabei stets zur Seite. „Ohne die Bundesfreiwilligen ginge hier gar nichts.“. Johanna Klimczak hat inzwischen ein kleines Mikroskop aufgebaut, mit dessen Hilfe die Grundschüler allerlei Käfer ganz groß betrachten können. Als studierte Naturschutz und Landschaftsplanerin vermittelt sie ihr Fachwissen gern kindgerecht an die kleinen Forscher. Ein bis anderthalb Jahre dauert der Bundesfreiwilligendienst. Eine Altersbeschränkung hierfür gibt es nicht. Die Verantwortung für die Männer und Frauen in Köthen übernimmt seit Jahren die BVIK. Sie sorgt für die entsprechenden Verträge und die Vermittlung. Was alle Bufdis beim Grünen Daumen eint, ist die Freude mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Klar gebe es auch immer mal sprachliche Barrieren, aber die würden meist schnell überwunden. Und wenn mal keine Kinder in dem weitläufigen Gelände zwischen den Wohnblöcken toben, spielen oder etwas über Bienen lernen, dann heißt es für die Bundesfreiwilligen, Unkraut rupfen, Rasen mähen , aussäen oder auch ernten. Zu tun gibt es immer was.
Murtaza, ein dünner, hochgewachsener Junge aus Afghanistan kommt auf Krücken gelaufen, bleibt im Türrahmen stehen, begrüßt Edda und Gerald Breiting, sowie Danielle Glöckner in ihrem Büro. Vor wenigen Wochen wurde er am Becken operiert und macht nun erstaunliche Fortschritte. “Viele Jahre seines jungen Lebens hatte er täglich Schmerzen“ erzählt Elli. Eigentlich Danielle, aber alle nennen sie nur Elli. Nun könne Mutarza endlich wieder lächeln. Wie zur Bestätigung huscht ein Lächeln über sein Gesicht, bevor er mit seinen beiden Krücken wieder langsam zurück geht in sein Zimmer. Der 16 jährige Afghane ist einer von 22 Jungs in der BVIK Einrichtung für unbegleitete Minderjährige Ausländer in Halberstadt. Es ist ein ganz normaler Wochentag. Mutarza kann wegen seiner Operation derzeit nicht zur Schule gehen, die anderen Jungs schon. Gegen Mittag kommen die Ersten heim. Die Schule ist gleich um die Ecke.
Hausmutti Silvia Fähse-Kautzsch hat inzwischen das Mittagessen fertig. Es gibt Hamburger, mit Gurken, Tomaten und allem was dazu gehört. Vier Mahlzeiten bekommen die Jugendlichen pro Tag. Dafür müssen die Jungs auch beim Einkaufen helfen. Zweimal pro Woche werden die Einkaufskörbe im Einkaufscenter vollgepackt. Am Wochenende kochen die Jugendlichen auch mal selber, zum Teil Spezialitäten aus ihren Heimatländern. „Es ist wichtig, dass ihre Tage Strukturen haben“ sagt Edda Breiting. Zwischen 14 und 18 Jahre alt sind die Jugendlichen. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak Kamerun, Mali, Guinea oder auch Indien. Oft liegen Wochen oder gar Monate der Flucht hinter ihnen, mit zum Teil traumatischen Erlebnissen. Es komme nicht selten vor, dass einer der Jungs nachts vor der Tür stehe, weil er nicht schlafen kann, erzählt Gerald, der von den meisten hier Papa genannt wird. Eine familiäre Atmosphäre zu schaffen ist dem Leitungstrio sehr wichtig. Bei der Betreuung der Jugendlichen setzen sie auf ein internationales Team. Die zwölf Mitarbeiter kommen aus dem Iran, aus Indonesien, Afghanistan und Rumänien. Fast alle Jugendlichen kommen von der Zentralen Aufnahmestelle Sachsen-Anhalts in Halberstadt. Nicht selten kommt es vor, dass Gerald nachts einen Anruf bekommt und einen der Minderjährigen abholen muss. Nicht alle bleiben dauerhaft in der BVIK Einrichtung Halberstadt, sondern werden entsprechend den Vorgaben auf andere Standorte verteilt. „Wir arbeiten da sehr gut mit dem Jugendamt zusammen“ sagt Edda Breiting. Mit 69 Jahren könnte sie, ebenso wie ihr Mann Gerald, eigentlich schon längst in Rente sein. War sie auch schon. Edda Breiting gehört zum BVIK Urgestein. 2004 hat sie in Helmstedt ‚Ein Euro Jobber‘ betreut, kurz darauf übernahm sie in Königslutter die Leitung des Sozialkaufhauses. Ab 2015 baute sie in Hornhausen, einem Ortsteil von Oschersleben, eine Einrichtung für Unbegleitete Minderjährige Ausländer auf. 2019 ging sie zusammen mit ihrem Mann in Rente. Das Leben hätte ruhiger werden könne. Wurde es aber nicht. Irgendwie war es ihnen dann doch langweilig, erzählen beide lachend. Auf die Frage von BVIK Geschäftsführer Ullrich Heller, ob sie nicht in Halberstadt eine Einrichtung für ausländische Jugendliche aufbauen könnten, folgte eine schnelle Antwort. Schnell ging es dann auch weiter. Im Dezember 2022 wurden die Wohnungen umgebaut und eingerichtet, wenig später konnten die ersten Jugendlichen aufgenommen werden. Seitdem sind die Tage wieder ausgefüllt, mit Behördengängen und Arztbesuchen, mit zuhören, mit Problemen lösen und deutsch vermitteln. Den Breitings zur Seite als Stellvertreterin steht seit März 2023 Danielle Glöckner. Die 24jährige ist staatlich anerkannte Erzieherin und sammelt nun die notwendige Praxiserfahrung, um möglicherweise in zwei Jahren die Leitung der Halberstädter Einrichtung übernehmen zu können. Doch bis dahin bilden sie ein eingespieltes Dreierteam.
Es ist Mittwochnachmittag. Gut gelaunt kommt Ulli Schwinge ins „Vogelnest“. In der Kleinkindgruppe in Köthen werden die Jüngsten von einem erfahrenen BVIK Team liebevoll umsorgt. Dazu gehört auch ein musikalisches „Wohlfühlprogramm“. Verantwortlich dafür ist seit dem Sommer 2024 der Musiker und Komponist Ulli Schwinge. Der hat inzwischen seine schwarze Gitarre ausgepackt, den Notenständer aufgestellt. Sein Publikum an diesem Nachmittag liegt in Babyschalen oder sitzt in Kinder- Hochstühlen vor ihm. Ulli Schwinge singt die klassisch zeitlosen Kinderlieder wie „Alle meine Entchen“ oder „Ich geh mit meiner Laterne“. Beifall gibt es keinen. „Aber sie weinen nicht wenn ich singe, das ist Lohn genug“ sagt Ulli Schwinge lachend.